And then we took Berlin

Wiederaufnahme
Ballhaus Ost | Berlin
19. – 22. Januar 2017 | 20.00 Uhr
Regie: Lydia Ziemke

 

„Eram un pic banditi! – Wir waren auch Banditen. Das könnt ihr aufschreiben!“

Berlin 1970 – 1989 – 2015. In der DDR der 70er Jahre übten die „dunklen Vollblutmusiker“ aus Rumänien eine große Faszination aus. Sie kamen auf Einladung der Agenturen, sangen die Hits von anderen und siegten über die Systeme. Mit dem Fall der Mauer und der rumänischen Revolution war die Zeit der Live-Cover-Bands abgelaufen – noch heute leben die gealterten „Naturtalente“ in Berlin und schustern sich aus einer glorreichen Vergangenheit und der sich verändernden wirtschaftlichen Situation ihre Identitäten zurecht.

And then we took Berlin basiert auf Recherche und direkten Gesprächen mit den Musikern: Inspiration für das Projekt ist die persönliche Geschichte des Vaters des rumänischen Autors Peca Stefan. In Rumänien ein Visum zu bekommen und dann Passierscheine, um zwischen Ost- und Westberlin zu pendeln, war jedes Mal wie ein Sechser im Lotto. Die Musiker nutzten das lustvoll aus und wurden Experten im Schmuggel von Instrumenten, Genusswaren und Identitäten zwischen allen drei Staaten. Damit wurden sie reich und improvisierten sich ein Leben voller Superlative: lebensfroh, rücksichtslos, subversiv und mit viel Gefühl für die ostdeutschen Frauen.

Die meisten übersiedelten nach West-Berlin, arbeiteten aber weiter im gemütlicheren Osten. 1989 brach ihre Welt zusammen, die Massen tanzten bald zu gemixten Beats der DJs. Außerdem überschatten heute zurückgelassene Familien, Intrigen, winzige Renten und eingeübter Selbstbetrug die glanzvolle Karriere im Gleichschritt mit dem neuen wirtschaftlichen Alltag.
Für die Macher des Projekts stellt sich neben der Frage der Repräsentation dieser einzigartigen, zwiespältigen Musiker auch die nach möglichen Parallelen zu ihrer eigenen Situation als freie Künstler mit mehr oder weniger marktwirksamen Identitäten innerhalb manipulativer Systeme und den Mechanismen der internationalen Kooperation.

 

mit: Peter Becker, Roland Bonjour, Patrizia Carlucci und Jon Kiriac

Foto © Dimitri Staub